Energiewende ja, aber …

Energiewende ja, aber …

Die rasant fortschreitende Erderwärmung als Ursache für den längst deutlich wahrnehmbaren Klimawandel müssen wir aus Verantwortung gegenüber der Schöpfung als Gesamtheit und den nachfolgenden Generationen deutlich verringern! – so oder so ähnlich postulieren es die große Politik, die Naturschutzverbände, Konservative wie Progressive. Und dann folgt das fettgedruckte „Ja, aber“.

Große Worte und Absichten im Schockzustand

Unter dem Schock der Katastrophe von Fukushima 2011 schien eine Zeit lang der Einfluss der Energiekonzernlobby gegen Null zu tendieren. Die CDU/FDP-Bundesregierung sah sich zum Ausstieg aus dem Ausstieg gezwungen. Nahezu die gesamte Medienlandschaft berichtete von der überwältigenden Mehrheit der Menschen in Deutschland, die sich eindeutig für die Wende in der Energieerzeugung hin zu den Erneuerbaren aussprachen. Sogar ein unter Umständen notwendiger finanzieller Mehraufwand würde akzeptiert, war zu lesen. Lobgesänge auf die innovative Kraft und die weltweite technische Marktführerschaft der deutschen Solar- und Windenergie-Branche waren zu lesen. Sogar die konservative Bundesregierung fand anerkennende Worte für die Weitsichtigkeit bei der Entwicklung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG). Sie sonnte sich in der weltweiten Erfolgsgeschichte, diese Gesetzesvorlage dieses Gesetz, dass in viele Länder der Erde kopiert wurde und wird.

Schlechte Quartalszahlen der vier marktbeherrschenden Energiekonzerne RWE, EON, EnBW und Vattenfall veranlassten sogar das Handelsblatt zu Kritik und der Frage, wieso es nach Tschernobyl von keinem dieser Energieriesen ein vorsorgliches Engagement in Bau und Betrieb von Solar- und Windenergieanlagen gegeben habe. Sie hatten diese Marktentwicklung unisono nahezu völlig verschlafen. Der Vorstandssprecher von RWE, bis zuletzt Atombefürworter, musste seinen Stuhl räumen.

Dem gegenüber standen die Erfolge der mittelständischen Solarzellenproduktion und der nicht minder rasant prosperierenden Hersteller für Windenergieanlagen. Sowohl der Absatz im Inland als auch der weltweite Export entwickelte sich kontinuierlich positiv. Eine nennenswerte große Zahl neuer Arbeitsplätze in Produktion, Montage und Wartung entstand in nahezu allen Landesteilen Deutschlands. Sinkende Einkaufspreise in dieser Branche – entstanden durch Produktions- und Montageoptimierung, aber auch durch den Druck der Konkurrenz chinesischer Produkte – der rapide Preisverfall glich die in Stufen erfolgenden Absenkungen der Einspeisevergütung nach dem EEG aus.

Aber dann: Giganten wachen auf …

Schon im Vorspiel zur Bundestagswahl 2013  wurde die strategische Neuausrichtung und gestärkte Potenz einer ihresgleichen suchende Medienkampagne und Lobbyarbeit der Energiekonzerne deutlich. Wobei die Anführung technischer Probleme im Stromnetz und Überproduktion der Erneuerbaren Energien noch die harmlosesten Argumente gegen das EEG darstellten. Die Komplexität der Stromhandelspreisgestaltung an der Leipziger Strombörse ausnutzend wurden die gebetsmühlenartig wiederholten Prophezeiungen zu dem sich für Endverbraucher exorbitant steigenden Strompreisen in allen nur denkbaren Horrorszenarien flächendeckend kommuniziert. Oft untermauert durch Untersuchungen von diesem und jenem Institut und ausgesuchten Experten war es überall im Gewand fachlich, neutraler Information präsent. Dazu bediente sich die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft einer Werbeagentur, die ihre Tatarenmeldungen mit großem Geschick platzierte.

Zu keinem Zeitpunkt gelang es der Erneuerbaren-Energie-Bewegung den Menschen in Deutschland verständlich zu machen, dass nicht der Anteil der EEG-Umlage am Strompreis für die Erhöhung des Verbraucherstrompreises ursächlich ist. Das von den Großkraftwerksbetreibern (Atom, Braunkohle, Steinkohle und Gas) bisher vorsätzlich genutzte Handelsstrompreisdumping führt nun zu der von eben diesen Betreibern gewünschten Steigerung des EEG-Anteils. Dass langfristig die zunehmende Unabhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe (Kohle, Gas, Uran) sowohl Preisstabilität als auch die ökologische Notwendigkeit gewährleistet, ist bisher wegen der oben genannten außerordentlich starken Medienpräsenz der Energiekonzerne so in der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln gewesen.

… und die Kleinen?

Das Verbrennen von endlichen Rohstoffen (Kohle, Erdöl, Gas) und damit einhergehend der Raubbau, ein eben nicht mehr wiederherstellbarer Verbrauch der Ressourcen, ist – wie wir ja alle im Grunde wissen – auch ökonomisch gesehen eine Sackgasse. Das gleiche gilt, neben den bekannten unsäglichen Risiken der Atomenergie, auch für diese. So ist die Abhängigkeit von immer knapper und damit sich verteuernder Rohstoffe aus zumeist Krisengebieten unserer Erde weder volkswirtschaftlich sinnvoll noch zukunftssicher.

Ökologisch  sinnvoll und ein grundsätzlich notwendiger Baustein auch für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg ist es, größte Anstrengung hinsichtlich Energie-Einsparung und Energie-Effektivierung zu unternehmen. Die Diskussion um die Energiewende allein auf eine „Strompreisdiskussion“ zu reduzieren ist völlig ungeeignet, gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen nachhaltigen Fortschritt zu erreichen. „Wer wenig Energie verbraucht, bezahlt weniger; wer viel Energie verbraucht, zahlt mehr!“ muss die Leitlinie sein, damit Maßnahmen zur Energie-Einsparung und -Effizienz sich lohnen.

Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie die Damen und Herren von RWE, EON, EnBW, Vattenfall u.a. sich zum Beispiel in einer Videokonferenz schenkelklopfend Beiträge in den Medien ansehen, in denen Windkraftgegner – erklärte Natur- und Heimatschützer – den Wildwuchs, das Tempo, die Unverträglichkeit mit der Natur und vor allem die Unzumutbarkeit der Windräder für die Menschen anprangern. Engagierte Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Kommunen und Energiegenossenschaften als naturverachtende, „Wald-Industrialisierer“ mit „Dollarzeichen in den Augen“ zu diffamieren spielt den Energiekonzernen in die Hände. So haben sie es sich gewünscht und gefördert, die Konzernstrategen. Ein Scheitern oder zumindest eine sehr deutliche Verlangsamung des gesellschaftlichen Zukunftsprojektes „Energiewende“ und der damit einhergehenden Dezentralisierung verlängert deren Einflussnahme und deren gewaltigen Gewinne. Der Betrieb und ja sogar der Neubau von Kohlekraftwerken sind weiterhin gesichert.

„Energiewende ja, aber keine Windräder, die mir die Sicht verschandeln !“ ist keine Lösung. „Windräder überall, Artenschutz egal!“ ist ebenfalls keine, und wird auch von niemandem gefordert.

Stand heute und hier in unserer Region

Unser immenser Energiebedarf wird auch bei äußerst konservativen Annahmen nur mit enormen Anstrengungen im Bereich Windenergie zu erreichen sein. Berechnungen dazu wurden von allen Seiten vorgelegt, unter anderem vom BUND. Die Lösung wird ein Kompromiss sein müssen. Sie kann nicht lauten: „Kein Windrad in der Region Westerwald auf den windhöffigsten Standorten!“

Einer der windhöffigsten Standorte – Teile des ehemaligen Truppenübungsplatz Daaden/Stegskopf – wird wahrscheinlich durch eine Entscheidung des Staatssekretärs Jochen Flasbarth im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, als Standort für sechs Windräder der 2,5-Megawatt-Klasse verhindert. Wie Harry Neumann,der Vorsitzende des BUND Rheinland-Pfalz dies als „Traumtag“ und „Sieg“ feiern kann, verwundert viele. Ein Windrad an diesem bestens geeigneten Standort hätte zwei an anderen, weniger geeigneten Standorten ersetzt. Wenn, laut den vom BUND vorgelegten Konzepten, die Windenergie der Träger der Energiewende ist, und dabei vorgerechnet wird, wie viele Windkraftanlagenin Rheinland-Pfalz dafür notwendig sind, muss die Frage an eben diesen BUND und an NABU und GNOR (Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie, Rheinland-Pfalz) doch erlaubt sein, wo die Windenergieanlagen denn nun gebaut werden sollen.

Sehr viele Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Vereine und Kommunen der Region Westerwald sind Mitglieder und Gesellschafter der Maxwäll-Energie Genossenschaft eG, der Alternative Energie Kroppacher Schweiz GmbH & Co KG und der Wäller-Energie eG. Diese Unternehmen, die für „Erneuerbare Energie aus Bürgerhand in Bürgerhand“ stehen, setzen sich für die Realisierung von Windparks am Truppenübungsplatz und in der VG Hachenburg ein. Wir sind überzeugt, dass die Klimaerwärmung eingedämmt werden muss und deshalb die Energieerzeugung aus erneuerbaren und CO2-neutralen Quellen erfolgen muss.

Peter Müller, Altenkirchen