Ein Traumtag für die Energiewende

Ein Essay von K.-H. Groß zum Rheinzeitungsartikel „Aus für Windpark am Stegskopf“  vom 1. Februar 2014

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Der BUND-Landesvorsitzende Harry Neumann feiert das Aus für ein Projekt, an dem viele in der Region engagiert für Naturschutz, Klimaschutz und Bürgerenergie zusammengearbeitet haben, als „Traumtag“.

Damit hat er Recht, denn es ist ein …
…  Traumtag für die RWE, sie kann jetzt mehr Kohle- und Atomstrom liefern. Dazu wird sie 20.000 Tonnen Kohle pro Jahr aus Kolumbien importieren oder 25.000 t Braunkohle aus Garzweiler verbrennen und dort Dörfer platt machen. Sie kann auch Atomstrom liefern.
…  Traumtag für die neue Bundesregierung, die in ihren Bemühungen um eine Einschränkung der Windenergie im BUND-Landesvorsitzenden einen Verbündeten gefunden hat.
… Traumtag für die Steuerzahler, die jetzt einige Millionen Euro für die Umwandlung des Übungsplatzes in ein Naturschutzgebiet und dessen Unterhaltung investieren sollen. Beim Bau von sechs Windrädern hätte es pro Jahr mindestens 300.000 EUR Pacht gegeben mal 20 Jahre wären das rund 6 Mio. EUR geworden.
… Traumtag für den Naturschutz, wenn weder Bund, Land oder Kommunen bereit sind, die Mittel aufzubringen, und es bei einer mit unzähligen militärischen Altlasten belegten Fläche bleibt. Es sei denn, BUND und NABU übernehmen die Fläche aus dem Nationalen Naturerbe.
… Traumtag für die Westerwälder Landschaft, wenn statt sechs Windrädern auf dem Stegskopf zwölf im unteren Westerwald gebaut werden müssen, um die gleiche Menge Naturstrom zu erzeugen.
… Traumtag für die Stromkunden, die letztlich für sechs Windräder mehr im Verlauf von 20 Jahren rund 30 Mio. EUR über ihre Stromrechnung bezahlen müssen.
… Traumtag für fast tausend Bürger, deren Traum von einer Beteiligung an einem Bürgerwindpark geplatzt ist.
… Traumtag für die vielen Windkraftgegner, die zur Verhinderung eines Windrades im eigenen Sichtfeld Naturschutzargumente vorschieben – der BUND hilft.
… Traumtag für einige ausgewählte Naturschützer, die sich ohne Publikum ihren Hobbys widmen können.
… Traumtag letztlich auch für den BUND-Landesvorsitzenden, der jetzt, wie von ihm im Fernsehen gefordert, „ungestört in die Ferne“ sehen kann, anstatt auf die Erzeugung von Naturstrom.
… Traumtag oder eher ein Alptraum für viele engagierte Umweltschützer ist inzwischen das Verhalten von Harry Neumann. Er hat als Anführer mit lautstarkem Einsatz bei vielen Demos in Hachenburg für „Energiewende jetzt“ und dazu Wasser, Wind und Sonne gekämpft und alle haben geglaubt, er tut das aus Überzeugung. War es vielleicht nur Selbstdarstellungstrieb? Jedenfalls hat man von ihm als BUND-Landesvorsitzenden nur von seinem Einsatz gegen Windkraft gehört. Zu Klimaschutz, Energiewende und Bürgerwind gab es bisher nur Lippenbekenntnisse. Viele Umweltschützer, die auf eine sinnvolle gemeinsame Lösung am Stegskopf gehofft hatten, sind enttäuscht von dem Zusammenwirken von Windkraftgegnern und Funktionären der Naturschutzverbänden.

Das führte schließlich zum Ende eines Traumes von Bürgerwind im Westerwald.